„Ob ich schonmal Musik gemacht habe?“, fragt mich die elegante Frau, die trotz entspanntem Outfit unter den anderen am anmutigsten wirkt. Sharon heißt sie und ist mit der Engelsstimme und ihrer unwiederstehlichen Art die ideale Gesangslehrerin der kleinen Gruppe. In dieser aus mehreren Frauen und Männern bestehendem 50er-Treffen (50 wie das Alter, nicht wie die Mitgliederanzahl) ist neben mir heute noch einer dabei, der erheblich den Altersschnitt drückt. Da sitzt Arami, geborener Algerier und seit kurzem – mit Hilfe von hiergeborener Verlobter – australischer Staatsbürger. Auch er sieht im Sessel-Stuhlkreis sitzend und die Gegenüber vorsichtig abcheckened ein wenig unsicher aus. Oder fühl nur ich mich so? Doch der Jux kommt!
Sofort nach Namensaustausch geht’s an die Gesangskunst. Zunächst wird sich dafür gemeinsam aufgereiht und mit mehreren Dreiklängen am Klavier die Stimme aufgewärmt. Aaaaah, Oooooh, Uuuuuh, Eeeeeh, Iiiiih. Keine Geräusche von Alterssschwäche sondern Sharons Methode zum Ölen der Stimmbänder! Und nach nur wenigen Minuten sind wir beide – von anderen Kontinenten – bereits voll dabei und mit vereint im Kreis der Trällertruppe.
Und dann kommt das große Show-Off. Reihum darf jeder zu Hause eingeprobte Stücke vortragen; bei Bedarf auch mit akkustischer Verstärkung. Es beginnt Bob. Mit kleiner Gitarre, flinken Fingern und Country-Stimme singt er ein Lied und schnipst und klopft dazu, dass niemand stillen Fußes im Sessel sitzen kann. Ein anderer trägt mit bloßer Stimme eine gefühlvolle Ballade vor. Sogar Operngesänge bekommen wir zu hören. Sopran at it’s best!

Mir wird dann auch noch etwas entlockt. Spontan improvisierend fällt mir nur ein echter deutscher Klassiker ein. Mit Klavieruntermalung gebe ich fein auswendig gelernt „Alle meine Entchen“ zum Besten. Auch Arami überzeugt mit tiefer Stimme die Gruppe. Als später auch noch seine bessere Hälfte hereinspaziert und ebenfalls mit ihrer Powerstimme auf Celine Dion macht, ist der Nachmittag komplett. Wie ich darauf erfahre, wurde er nur als Kundschafter vorgeschickt. Na klar.
Freude strahlend hüpfe ich nach Hause; mit jeder Menge Songideen im Kopf und Serientermin im Kalender. Mehr „hört“ ihr bald.
Hendrik