Heute treffe ich mich mit Geoff bereits früh morgens. Es ist 10 Uhr und wir fahren los zum Shoppen. Da Geoff nicht weit laufen kann, düsen wir mit dem georderten Taxi in die Innenstadt von Sydney. Dort wird dann erstmal eingekauft. Wofür? Natürlich für die Parade von heute abend!
Es ist Samstag, der 29. Februar 2020 und heute darf ich Geoff zu seinem 50. Mardi Gras Umzug begleiten. Hierfür probieren wir gerade unser weißes Dress an. Weiße Hose sitzt, weißes Polo passt, Einkaufstüte dazu und ready sind wir. Bei anschließendem Schoko-Smoothie planen Geoff und ich den Abend, der für uns um 6 Uhr starten soll.
Geplant getan. Pünktlich zur Uhrzeit, an der Geoff im Altersheim normalerweise sein Abendessen serviert bekommt, treffen wir uns auf großem Platz; der Hyde Park von Sydney. Um uns herum herrscht das reinste Chaos. String Tanga hier, Boratanzug da oder doch gleich komplett kleiderlos nur mit Bodypaint unterwegs. Grelle Neonoutfits, Umarmungen, Küsschen und alles untermalt von Regenbogenfarben. Zwischen all den Verrückten fallen wir beiden in weiß Gekleideten gar nicht weiter auf. Zusammen mit einer Truppe von Geoffs Freunden reihen wir uns zum Start der Parade an unseren nummerierten Stehplatz ein. Da ich den alten Mann, den ich für den abend nur mit „dauergrinsend“ beschreiben kann, im Rollstuhl rumfahre, kommen wir rasch voran. Ihr glaubt nicht wie schnell Platz gemacht wird, wenn ein Behindertentransportmittel in Sicht kommt. So schieben wir uns schon vor Start der Parade durch die Massen an bereitstehenden Wägen, Vereinen und einheitlich gekleideten Menschen. Kunterbunter Farb- und Geruchseintopf!

Und dann, auch wenn ich es immer noch nicht fassen kann, laufen (bzw. einer läuft der andere rollt) wir beide über die Startlinie und sind Teil der Parade. Überall schreien Zuschauer von den Seiten, wollen mit einem abchecken und erfreuen sich ihres Lebens. Ganz besonders wird da dieser kunterbunte Opa im Rollstuhl beklatscht, der doch irgendwie so perfekt ins Bild passt. Und ich gebe mein bestes Geoff beim euphorischen Herumwirbeln des Rollstuhls nicht aus dem Sattel zu schleudern. Am Ende unserer Rally spüre ich nichts als Happiness und Lebensfreude. Beim ins Bett gehen schmerzen mir insbesondere die Mundwinkel vom vielen Lächeln. Ein Tag für die Ewigkeit.

Noch heute zu Corona-Zeiten lachen Geoff und ich am Telefon über den phänomenalen Abend.
Auf viele mehr
Hendrik